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Jubiläumsfeier - 40 Jahre CSW - 25 Jahre OBA

Bei ihrer Aufgabe sollten sie nicht draufzahlen

 

Zum 40-jährigen Bestehen der Caritas-Sozialstation spricht der Geschäftsführer deutliche Worte, kritisiert Politik, Gesetzgeber und Krankenkassen. Überraschungsgast Christine Urspruch erzählt, was das Thema Demenz bei ihr auslöst

Lindenberg Manchmal, sagt Schauspielerin Christine Urspruch, kochen bei ihr Gefühle hoch, formt ihr Gehirn wilde Gedanken. Und das beim Arbeiten, wenn sie eine Fernsehrolle spielt – insbesondere beim Thema Demenz. Darüber plauderte sie mit Claudia Rudolph, Vorsitzende des Sozialstation-Vereins, bei der Jubiläumsfeier im Lindenberger Löwensaal vor rund 150 Vertretern aus Politik, Vereinen und Verbänden. Die Caritas-Sozialstation Westallgäu (CSW) besteht seit 40 Jahren, die offene Behindertenarbeit seit 25.

Urspruch ist unter anderem bekannt aus Produktionen wie „Tatort“ oder „Dr. Klein“. Die in Wangen lebende Schauspielerin lasse das Thema Demenz nicht kalt. Nein, ihre Eltern seien davon derzeit nicht betroffen. Aber sie mache sich schon Gedanken: Wie soll ihr Leben aussehen, wenn die Eltern pflegebedürftig werden? Inwieweit wird das ihr eigenes Arbeiten einschränken? Wie wichtig die Arbeit der Caritas-Sozialstation ist, betonten die Redner – fanden aber auch mahnende Worte.

Annemarie Sprenzinger gründete einst die Sozialstation, in der anfangs Ordensschwestern tätig waren. Heute hat die CSW 192 Mitarbeiter und ist im gesamten oberen Landkreis in der ambulanten Pflege, aber auch in anderen Bereichen tätig. Die drei jüngsten „Kinder“ sind laut Geschäftsführer Bernhard Weh die Schulbegleitung im Rahmen der offenen Behindertenarbeit, das Projekt „Alltagshelfer“ und das Demenz-Café in Oberreute. Bei allen Aufgaben seien die Mitarbeiter das wichtigste Kapital, so Weh. So gelte es, vor allem sie zu feiern, die teilweise seit 30 Jahren für die CSW tätig sind. „Wir sind der Partner für jene, die möglichst lange zuhause leben wollen“, sagte Weh.

Er mahnte aber auch, dass die Sozialstation langfristig in Gefahr sei, wenn sich an den Rahmenbedingungen nichts ändere: „Unsere Dienste sind teilweise seit Jahren nicht mehr ausreichend finanziert.“ Und er kritisierte die Krankenkassen: „Sie sitzen auf Rücklagen. Das ist doch das Geld der Versicherten.“ Es sei ein Fehler gewesen, die Pflege den Gesetzen des Marktes zu unterwerfen und gleichzeitig die Dienstleister mit festgelegten Pflegesätzen „zu knebeln“. Wehs Fazit: „Das darf doch nicht sein, dass wir bei dieser wichtigen Aufgabe noch draufzahlen müssen.“ Neben Projekten wie Hallenbad, Kindergarten und Feuerwehr seien auch die Kommunen gefordert, mehr für die Pflege zu investieren. Und er warb für eine Angleichung der Unterstützung – „wenigstens auf Tierheim-Niveau.“

Viel Lob für die Arbeit gab es von den Bürgermeistern Eric Ballerstedt (Lindenberg) und Ulrich Pfanner (Scheidegg), der stellvertretenden Landrätin Margret Mader und dem Landtagsabgeordneten Eberhard Rotter. Die Sozialstation sei für Lindenberg „unverzichtbar“, so Ballerstedt, der zugleich rege Unterstützung der Stadt versprach. Und er bekannte, dass er als frisch gebackener Vater auch eine neue Sicht hinsichtlich der Barrierefreiheit in der Stadt erhalten habe, „wenn wir mit dem Kinderwagen unterwegs sind“. Für diese Erkenntnis gab es viel Applaus. Pfanner warb für neue Wohnformen, wie sie Scheidegg aktuell in Böserscheidegg plane, um mehreren Generationen das Zusammenleben zu ermöglichen. Mader erinnerte daran, „dass wir alle einen Lebensauftrag haben“. Rotter hinterfragte, warum sich nicht mehr Menschen für einen Pflegeberuf entscheiden. Die Bezahlung sei verbessert worden. Möglicherweise schrecke die Bürokratie in der Pflege oder die große Verantwortung. Allerdings gelte es auch, die Arbeit im Pflegebereich mehr wertzuschätzen. Hier seien Politik und Gesellschaft gleichermaßen aufgerufen.

Mit Tänzen unterhielt der Tango-Workshop der offenen Behindertenarbeit die Besucher. Christine Urspruch signierte am Ende drei Mitarbeiter-T-Shirts der Sozialstation, die bei der Weihnachtsfeier verlost werden sollen.

Von Olaf Winkler

aus der Westallgäuer Zeitung vom 31.07.2018

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